
Es gab gleich diese Fronten. Es gab uns und die anderen. Es gab richtig und falsch und wenig dazwischen. Dabei wären Zweifel, Ausprobieren, Austausch so wichtig gewesen.“
https://taz.de/Corona-und-die-Nachwirkungen/!5762839/
Was in Krisenzeiten deutlich wird: die Auffassungen der Bürger sind konträr, die Gesellschaft ist gespalten, Toleranz wird zur Mangelware. Da sind die einen, die im Infektionsschutzgesetz Verletzungen der Grundrechte und falsche Herangehensweisen sehen, beim Bundesverfassungsgericht klagen – da gibt es die anderen, die in solchen Klagen nur unnötige Verzögerungen, Kraftaufwand und die Gefahr mangelnder Effizienz sehen. Durchgreifen, Durchregieren, starker Staat auf der einen Seite – das Auge auf die Grundrechte und die Verfassung auf der anderen. Natürlich hat die Eingrenzung oder Ausweitung staatlicher Macht, deren positive und negative Folgen auch in der Vergangenheit schon die Gemüter erregt. Hier eine kleine Zitat-Auswahl.
Helmut Schmidt
Das normale Tempo in der Demokratie ist das Schneckentempo.
Wladimir Iljitsch Lenin
Nichts erleichtert das Leben so sehr wie eine Diktatur.
Hannah Arendt
Verlässlicher werden die Zweifler und Skeptiker sein, nicht etwa, weil Skeptizismus gut und Zweifel heilsam ist, sondern weil diese Menschen es gewohnt sind, Dinge zu überprüfen und sich ihre eigene Meinung zu bilden.
Auch die Beurteilung einer Krise, ihrer Ursachen und der darauf fußenden Entscheidungen darf in einer Demokratie konträr sein.
Ein Interview mit Professor Peter Kern, Leiter der Klinik für Immunologie am Klinikum Fulda[1] zur Corona-Problematik
„ … Die Inzidenzzahl ist völlig aus der Luft gegriffen, das ist eine nicht mehr in wissenschaftlichen Daten verankerte Zahl, sondern ein willkürliches politisches Argument, weil sie nicht das abbildet, was wir eigentlich wissen müssen. … Diese Zahl hängt aber von vielen Bedingungen ab, die gar nichts mit dem Infektionsgeschehen zu tun haben, zum Beispiel von der Frage, wie viele Tests man macht. ... Wir werfen hier Ziffern durch den Raum, die jeder für sich persönlich definiert - der eine sagt 160, der nächste sagt 100, dann einer 300 - das ist willkürlich und unwissenschaftlich. …“
„Dann bräuchten wir auch bundesweit eine Corona-Ampel, wie sie zum Beispiel das Land Berlin nutzt? Dort sind die Parameter: Reproduktionsrate, Inzidenzwert und Belegung der Intensivbetten.“
„Da fehlt als entscheidender Parameter das Altersprofil der Infizierten. Wenn unser Ziel ist: Wir wollen Todesfälle und schwerste Verläufe verhindern, dann müssen wir die Todeszahlen anschauen. … Wenn es uns also um das Ziel geht, die Todeszahlen in den Griff zu bekommen, haben wir es bald geschafft. … Wenn wir einen gewissen Grad an Immunität in der Bevölkerung erreicht haben - bei B.1.1.7 etwa 75 Prozent, kann es keine pandemische Ausbreitung mehr geben. Einzelfälle, schwere Verläufe und Todesfälle weiterhin, aber nicht mehr als Pandemie. Covid gehört dann zum Repertoire der Krankheiten, mit denen wir zu tun haben. Darum brauchen wir bessere Behandlungsmöglichkeiten, das ist derzeit noch sehr dürftig, aber ich hoffe, in etwa einem Jahr werden wir die Krankheit schon wesentlich besser behandeln können. Der Normalzustand wird nicht mehr coronafrei sein. So haben wir eine Welt wie vorher, aber mit einer neuen Krankheit, sie heißt Covid.“
[1] Im Folgenden findet sich eine wortwörtlich zitierte Zusammenfassung. Die Lücken sind durch drei Punkte gekennzeichnet. Hervorhebung vom Verfasser vorgenommen.
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