
Gestern wäre der legendäre Martinimarkt in Münzenberg gewesen. Seit vielen Jahrhunderten ist es Tradition, dass immer am zweiten Donnerstag im November Händler dort ihre Waren anbieten.
Waren die Menschen in dem Ort früher auf die Angebote des fahrenden Volkes angewiesen, hat sich die Angebotspalette in den letzten Jahrzehnten verändert. Heute geht es mehr um schönes Kunsthandwerk, das man nicht wirklich braucht, sich aber dennoch gerne gönnt in dieser dunklen Jahreszeit. Außerdem ist der Markt ein Treffpunkt für viele Menschen aus der Stadt und der Umgebung, die sich diesen Termin fest in ihrem Jahreskalender notiert haben und sich das ganze Jahr darauf freuen.
Man trifft sich zum gemeinsamen Essen bei den Landfrauen im Rathaus oder an einer Würstchenbude, auch gern auf einen Kartoffelpuffer beim Sportverein oder auf einen Becher Met bei den Freien
Rittern. Der Markt gehört einfach zur Region, wie viele andere Märkte auch, die nun, Pandemie bedingt ausfallen.
Viele Besucher bedauern das und ärgern sich nun umso mehr, weil es immer noch Personen gibt, die Partys feiern und Demonstrationen abhalten müssen, wo sie dicht und ohne Maske zusammenstehen und
so ihre Mitmenschen gefährden. Auch ich gehöre zu den Leidtragenden, denn ich biete seit dem Jahr 2013 meine Wetterau-Krimis im Foyer des Alten Rathauses von Münzenberg an. Die Leser wissen das
und kommen seit Jahren, einige sogar nur wegen meiner Bücher, in unser schönes, historisch geprägtes Münzenberg, um meinen neuen Krimi mit Signatur zu ergattern und ein kleines Schwätzchen mit
mir zu halten. Der Martinimarkt war für mich immer der Auftakt zur Weihnachtszeit, wo ich auf vielen Märkten und Lesungen unterwegs war.
Nun bin ich auf andere Verkaufsstellen angewiesen, biete meinen Lesern auch an, zu mir nach Hause zu kommen und sich ein Buch abzuholen. Man soll ja eigentlich möglichst persönliche Kontakte
vermeiden. Gehöre ich nun auch zu den Unmenschen, die andere in Gefahr bringen? Ich denke nicht. Die meisten meiner Leser nehmen ihr Buch mit persönlicher Widmung am Gartentörchen in Empfang.
Wenn sie doch mein Haus betreten, dann mit Abstand und selbstverständlich mit Maske.
Auch ich trage eine Maske und bitte meine Besucher in den größten Raum des Hauses, wo wir auf 40 Quadratmeter, jeder in einer anderen Ecke, uns einen kleinen Moment unterhalten können. Es gibt
auch keinen Kaffee oder Glühwein, und ich achte darauf, dass nichts angefasst wird. Nach dem Verlassen des Hauses wird erst mal gelüftet und Sitzflächen und Türklinken desinfiziert.
Die meisten Leser aber lassen sich ein Buch mit Signatur zuschicken oder holen es sich in einer Buchhandlung oder den Geschäften, die mich unterstützen. Ich freue mich dennoch über jeden, der
sich auf den Weg zu mir macht, denn ich finde es sehr wichtig, mit meinen Lesern in Kontakt zu kommen und zu erfahren, ob die Handlung meiner Bücher interessant und lesenswert ist.
So hat sich, mangels Märkten und Lesungen das Kaufverhalten verändert. Viele bestellen auch online und nicht nur meine Bücher, sondern auch andere Produkte. Die Geschäfte beklagen einen Rückgang
von 50 %, weil die Käufer ausbleiben. Einfach nur mal bummeln in der Stadt mit anschließender Einkehr in ein Café oder Restaurant ist im Moment nicht möglich. Die Kinder müssen auf ihren
beliebten Martinsumzug verzichten, und wenn die Infektionszahlen weiter so steigen, werden wohl auch die bevorstehenden Weihnachtsfeiern ausfallen, die Restaurants keine Buchungen erhalten und so
mancher Gastwirt sein Geschäft verlieren.
Ich will mich nicht beklagen. Ich mache das Beste aus der Situation, freue mich über jede Bestellung und jeden Kontakt per Telefon, Mail oder auf Facebook. Es geht halt dieses Mal langsamer mit
dem Verkauf der Bücher, aber ich muss ja auch nicht davon leben.
Trotzdem bin ich sauer auf die, die sich rücksichtlos verhalten, sich ohne Maske in die Öffentlichkeit begeben, zu nah an ihre Mitmenschen rücken und Polizisten und Rettungskräfte angreifen. Ich
frage mich, ob diese Personen schon vor der Verbreitung des Virus ihren Verstand und ihr Mitgefühl abgegeben haben.
Und wo steckt eigentlich dieser Tim Bendzko? Der wollte doch kurz mal die Welt retten.
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