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Sigrun Miller: Die nasskalte Zeit

Foto: Mylene2401 auf Pixabay
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Mein Gärtner, ein lieber hilfsbereiter Freund, hat meine Terrassenmöbel in ihr Winterquartier gebracht. Die Polster in den Keller, die Gestelle in die Garage. Warum so plötzlich? Weil ich nicht glaube, dass der Oktober sich noch einmal von seiner goldenen Seite zeigt.

Zwar blinzelt die Sonne noch gefühlt zweieinhalbmal am Tag durch die Wolkenberge, aber das schenkt mir auch keinen Trost für den letzten spendablen Sommer, der uns so verwöhnte und sich nun ein halbes Jahr lang verstecken wird. 

Die Obstbäume im Garten triefen vor sich hin, und der endlose Landregen scheucht die kleinen Vögel in das schützende Gebüsch der Hecke. Die Astlöcher in den sauber zerkleinerten Holzstücken meines so oft besungenen Apfelbaumes  -  fein aufgestapelt zwischen zwei Obstbaumstämmchen - schauen mich vorwurfsvoll an. 

Ja, nun! Ich kann auch nichts dafür! Das einzige, was mich im Moment erfreut, ist meine glucksende Heizung. Und natürlich die Tatsache, dass ich nicht hinaus in die nasse Welt muss. Keine Arzttermine, keine Einladung, keine, überhaupt keine Verpflichtung. 

Was mich ein bisschen stört, ist mein Radio, das mir alle halbe Stunde etwas von steigenden Corona-Zahlen und partyfeiernden, risikofreudigen, alkoholseligen und der Gefahr Trotzenden erzählt. 

Ha, während ich dies schreibe hat mir gerade die Sonne über die Schulter geguckt, und ich rufe es hinaus in die nasse Welt: Es gibt noch Hoffnung, nur nicht depressiv werden, auch in dieser Jahreszeit kann es schöne Herbstspaziergänge durch bunte, raschelnde Blätter, herabgefallene Kastanien und vorbeihuschende Eichhörnchen geben.

Man muss nur Augen und Ohren dafür haben. 

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